Ermittlungsverfahren wegen "From the river to the sea". Strafbar? Was Sie wissen sollten.

Ermittlungen. 
Bundesweit.
Strafbarkeit.

Mittlerweile ermitteln die Strafverfolgungsbehörden im gesamten Bundesgebiet (!) mit Hochdruck gegen Teilnehmer von Pro-Palästina Demos, welche u.a. den Slogan "From the River to the Sea" skandiert oder auf Plakaten hochgehalten haben. Der Tatvorwurf ist oftmals "Volksverhetzung § 130 StGB", "Billigung von Straftaten § 140 StGB" sowie "Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen § 86a StGB". 

Überblick zur Thematik. Strafbarkeit. Tipps.

Nachfolgend erhalten Sie einen sehr lesenswerten (!) kurzen, aber doch sehr ausführlichen Überblick zu dieser Thematik sowie der Frage nach der Strafbarkeit der Parole "From the river to the sea, Palestina will be free", insbesondere nach § 86a StGB, sowie wertvolle Tipps was zu tun ist, wenn gegen Sie ein Ermittlungsverfahren in dieser Sache läuft und was Sie unbedingt beachten sollten, wenn Sie einen Strafbefehl erhalten sollten.

Rechtliche Einschätzung zur Strafbarkeit.

Der nachfolgende Beitrag und die folgenden Ausführungen keine persönliche Meinung des Verfassers zum Konflikt wieder. Er ist politisch wertungsfrei zu verstehen und soll nicht den Eindruck erwecken, der Verfasser vertrete eine Pro-Israel oder Pro-Palästina Ansicht! Es handelt sich nur um eine rechtliche Einschätzung aus Sicht des Verfassers zur Frage, ob der Slogan "From the river to the sea" ein strafrechtlich relevantes Verhalten, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des § 86a StGB, darstellt und somit strafbar ist oder nicht. In Anbetracht der Komplexität dieser Thematik wird kein Anspruch auf Vollständigkeit und rechtliche Gewähr erhoben bzw. gegeben. Es soll lediglich eine Überblick zu dieser doch recht komplexen aber sehr aktuellen Thematik verschaffen. Wenn Sie eine rechtliche Beratung wünschen, so schreiben oder rufen Sie uns an.

Urteile.
Strafgerichte. Revision.
OLG Düsseldorf.

Aktuell liegen nur wenige Urteile von Strafgerichten zur Strafbarkeit des Slogans "From the river to the sea" vor. Während das AG Düsseldorf meine Mandantschaft wegen dieses Slogans im Juni 2024 zu einer Geldstrafe verurteilt hat (Revision wurde eingelegt), hat das AG Essen meine Mandantschaft wenige Wochen danach vom Vorwurf des § 140 StGB freigesprochen. Zeitnah wird sich auch das AG Braunschweig mit einer Strafbarkeit eben dieser Parole beschäftigen müssen. Das AG Braunschweig hat gegen meinen Mandanten einen Strafbefehl erlassen und ihn zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen haben wir Einspruch eingelegt. Der Fall wird jetzt vor dem AG Braunschweig demnächst verhandelt. 


"

Verwaltungsgerichte. 
Keine Tendenz.
Eilverfahren. 

Auch bei den Verwaltungsgerichten zeichnet sich keine klare Tendenz ab. Zwar liegt eine Vielzahl von Entscheidungen vor, doch diese betreffen allesamt das Eilverfahren. In einem solchen Eilverfahren lassen einige Gerichte zwar eine Tendenz erkennen, ob der Slogan strafbar sei oder nicht, legen sich jedoch meist nicht fest. Stattdessen treffen die Gerichte im Eilverfahren ihre Entscheidung anhand einer Interessensabwägung. Somit bleibt es dabei, dass die Frage nach der Strafbarkeit dieser Parole weiterhin heftig umstritten bleibt. 

Entscheidungen. Verwaltungsrecht. Keine Tendenz. 

Eine Tendenz in der Rechtsprechung ist nicht erkennbar. Beispielhaft und nicht abschließend halten folgende Gerichte den Slogan für strafbar: OVG NRW (Beschluss v. 02.02.2023), OVG Bremen (Beschluss v. 30.04.2024), VGH Baden-Würrtemberg (Beschluss v. 03.04.2024), OVG Sachsen (Beschluss v. 27.07.2024). Demgegenüber hält der VGH Hessen (Beschluss v. 22.03.2024) den Slogan für nicht strafbar. Auch bei den Strafgerichten ist keine klare Tendenz erkennbar. Das LG Mannheim, das AG Mannheim und AG Essen halten den Slogan für nicht strafbar. Anders aber das AG Karlsruhe, AG Berlin-Tiergarten und AG Düsseldorf.




"Text"

Zusammenfassung - Überblick

Ursprung. 
Bedeutung.
Hamas.

Der Slogan "From the river to the sea" ist nicht der Hamas zuzuordnen, sondern hat seinen Ursprung in den 1960er Jahren und der Gründungszeit der PLO.Die  Hamas hat den Slogan "From the river to the sea" sinngemäß, jedoch nicht wortwörtlich, im Jahre 2017 in ihre Charta aufgenommen. "From the river to the sea" lässt mehrere Interpretationen/ Deutungen zu. Offen ist, wie eine solche Forderung umgesetzt werden kann bzw. soll.

Strafbarkeit. 
§ 130 StGB. 
§ 111 StGB.

"From the river to the sea" begründet allein und für sich genommen noch keine Volksverhetzung nach § 130 StGB, da der erforderliche Inlandsbezug fehlt! Eine Strafbarkeit nach § 130 StGB scheidet aus, ebenso eine Strafbarkeit nach § 111 StGB, Aufforderung zu Straftaten, da aus dem Slogan keine Aufforderung zur Begehung einer Straftat abgeleitet werden kann. 

Strafbarkeit. 
§ 140 StGB. 
AG Düsseldorf.

Mit "From the river to the sea" wird allein noch keine Straftat gebilligt. Eine Strafbarkeit nach § 140 StGB kommt nur in Betracht, wenn die Aussage in einem unmittelbaren kommentierenden Zusammenhang mit den in § 140 StGB genannten Straftaten stehen. Die Entscheidung des AG Düsseldorf, welches eine Strafbarkeit bejaht hatte, ist abwegig und juristisch nicht ansatzweise vertretbar. 




Zusammenfassung - Überblick

Strafbarkeit. 
§ 86a StGB. 
Urteile kaum haltbar.

"From the river to the sea" könnte eine Strafbarkeit nach § 86a StGB begründen. Aber: Die Parole/ der Slogan "From the river to the sea, Palestine will be free" kann nicht ausschließlich der Hamas Organisation zugeschrieben werden. Der Ursprung dieser Parole liegt in den 1960er Jahren. Die Hamas hat diesen Slogan für sich im Jahre 2017 beansprucht. Die Entscheidung einiger Gerichte hierzu sind abenteuerlich und grotesk zugleich, so etwa die Entscheidung des AG Düsseldorf, welches eine Strafbarkeit nach § 86a StGB angenommen hat. 

Ermittlungen. Vorladung. 
Strafanzeige.

Wenn Sie eine Vorladung von der Polizei erhalten haben, dann holen Sie sich rechtlichen Rat ein oder lesen den Beitrag bis zum Schluss. In jedem Fall sollten Sie Ruhe bewahren und Schweigen! Im Idealfall beauftragen Sie einen Rechtsanwalt mit dem Fall. Lesen Sie unten die Ratschläge.

Rechtsanwalt. Rechtlicher Rat. Strafbefehl.

Wenn Sie eine Vorladung von der Polizei erhalten, dann kontaktieren Sie unverzüglich einen Rechtsanwalt und lassen sich beraten. Denn im Falle einer Verurteilung kann Ihnen ein Eintrag ins Führungszeugnis drohen (Polizeiliches Führungszeugnis). Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten haben, haben Sie nur 14 Tage ab Zustellung Zeit, Einspruch einzulegen. Holen Sie sich unbedingt rechtlichen Rat ein, ob sich ein Einspruch für Sie lohnt!





Historischer Ursprung "From the river..."

From the river...
Ursprung.
Befreiungsslogan. 

Der Satz "From the river to the sea" stammt keinesfalls von der Hamas, sondern hat seinen Ursprung in den 1960er Jahren und wurde damals von der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO verwendet. Er hat somit mit der Hamas nichts zu tun. Die einzige Gemeinsamkeit besteht darin, dass der Slogan und sein historischer Ursprung den Wunsch nach Freiheit des Palästinensischen Volkes auf dem Gebiet des heutigen Israels. Der Slogan wird zu Unrecht - schon nahezu tendenziös, insbesondere von einigen Medienanstalten, aber auch Politikern - als antisemitisch und völkermörderisch bezeichnet und mithin negativ konnotiert. Allgemein ist das Gegenteil der Fall - was einige Gerichte in ihren Entscheidung fehlerhaft darstellen und missinterpretieren. Historisch betrachtet wurde der Slogan verwendet, um damit eine Vielzahl politischer Strategien zum Ausdruck zu bringen und somit als Befreiungsslogan verstanden. 

Kritik. 
Zu Unrecht. Allgemein nicht antisemitisch.

Der Slogan wird zu Unrecht - schon nahezu tendenziös, insbesondere von einigen Medienanstalten, aber auch Politikern - als antisemitisch und völkermörderisch bezeichnet und mithin negativ konnotiert. Allgemein ist das Gegenteil der Fall - was einige Gerichte in ihren Entscheidung fehlerhaft darstellen und missinterpretieren. Historisch betrachtet wurde der Slogan verwendet, um damit eine Vielzahl politischer Strategien zum Ausdruck zu bringen und somit als Befreiungsslogan verstanden. Besonders lesenswert zum Ursprung des Slogans ist der hier verlinkte Beitrag von Goldberg/Confinio, 31.01.2024 "Vom Fluss zum Meer: Ein Slogan, viele Bedeutungen."

From the river...
Umstrittener Slogan.
Interpretation. 
LIKUD Partei.
 

Die vollständige Parole lautet „From the river to the sea, Palestine will be free“ und drückt das Ziel aus, ganz Palästina, vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer, zu befreien. Die Verwendung dieses Slogans ist jedoch umstritten und wird in verschiedenen politischen Kontexten interpretiert, von friedlichen Bestrebungen zur Förderung der palästinensischen Unabhängigkeit bis hin zu kontroversen Debatten über den Nahostkonflikt. Allerdings wird dieser Slogan/ diese Parole nicht nur von den Palästinensern verwendet. Eine ähnliche, nahezu identische Formulierung findet sich in dem, Gründungsdokument der 1977 gegründeten israelischen Partei LIKUD, hier verlinkt und abrufbar. Dort heißt es: "... between the Sea and the Jordan there will only be Israeli sovereignty."




Strafbarkeit nach § 130 StGB

Keine Strafbarkeit. Inlandsbezug fehlt.

Eine Strafbarkeit nach § 130 StGB ist aus Sicht des Verfassers hier nicht gegeben. Denn für eine Strafbarkeit nach § 130 StGB ist ein sog. Inlandsbezug erforderlich. An einem solchen Inlandsbezug fehlt es jedoch, da mit dem Slogan/ Parole "From the river to the sea" in erster Linie eine Kritik gegenüber dem Staat Israel zum Ausdruck kommt bzw. Adressat dieser Aussage der israelische Staat ist und nicht die hierzulande lebende Bevölkerung, insbesondere nicht die jüdische Bevölkerung in Deutschland. Auch eine Strafbarkeit nach § 111 StGB liegt nicht vor.

From the river.
Einseitige Auslegung.
Staatsanwaltschaft.

Die Strafverfolgungsbehörden argumentieren, dass der Slogan „from the river to the sea“ ausschließlich antisemitisch interpretiert werden kann und als Ausdruck einer Absicht gedeutet wird, jüdisches Leben im Gebiet zwischen dem Jordanfluss und dem Mittelmeer zu vernichten. Vor diesem Hintergrund vertreten einige Staatsanwaltschaften die Auffassung, dass damit auch die hierzulande lebende jüdische Bevölkerung gemeint sei. Diese Ansicht ist bemerkenswert, da sie vor allem zum Ausdruck bringt, mit welch einseitiger, tendenziöser Sichtweise die Strafverfolgungsbehörden diesen Slogan deuten. So nachvollziehbar die Ängste und Sorgen der hierzulande lebenden jüdischen Bevölkerung auch ist, so unbegründet dürften diese sein. Denn der Großteil/ eine deutliche Mehrheit der hier lebenden Palästinenser verurteilen die Anschläge der Hamas vom 07. Oktober 2023. 




Strafbarkeit nach § 86a StGB 

Fragwürdig. Bedenkliche Rechtsauffassung.
Keine Strafbarkeit. 

Aus Sicht des Verfassers erscheint es höchst fragwürdig und ausgesprochen bedenklich, wenn einige Strafverfolgungsbehörden künftig pauschal dazu übergehen wollen, allein aus dem Umstand, dass jemand den Slogan/ die Parole "From the river to the sea" ruft oder auf Plakaten öffentlich zur Schau stellt, welcher auch von einer Vereinigung wie die Hamas und somit einer Vereinigung im Sinne des § 86 Abs. 1 StGB benutzt wird, eine Strafbarkeit im Sinne des § 86a StGB anzunehmen bzw. diese Handlung strafrechtlich zu verfolgen und zu sanktionieren.

§ 86a StGB. 
Keine Strafbarkeit. Einschränkung Meinungsfreiheit. 

Nach Ansicht des Verfassers kann es nicht im Sinne des § 86a StGB sein, die Meinungsfreiheit dadurch einzuschränken, dass einzelne Rufe/Passagen/Parolen, die verschiedene Interpretationsmöglichkeiten zulassen, historisch einen anderen Kontext haben und im Kern nicht ausschließlich von Palästinensern, sondern auch von Israelis verwendet und gebraucht wird, allein dadurch die Rechtskonformität und Legitimität zu entziehen, strafrechtlich zu verfolgen und somit zu sanktionieren, weil diese auch von verschiedenen terroristischen Gruppierungen genutzt und propagiert werden. Es muss somit auf weitere Indizien, Umstände und den Gesamtkontext der Äußerung abgestellt bzw. diese herangezogen werden, um ein strafbares Verhalten annehmen zu können.




§ 86a StGB: Anmerkung zum Urteil

Urteil des AG Düsseldorf vom 07.06.2024 

Das AG Düsseldorf kam zu dem Ergebnis, dass eine Strafbarkeit nach § 86a StGB einschlägig sei und das Rufen/ Zeigen der Parole eine Straftat darstellt. Die Begründung des AG Düsseldorf ist alles andere als überzeugend. So überzeugt schon nicht der Verweis auf die Verbotsverfügung des BMI oder aber der Hinweis auf die Charta der Hamas unter Nummer 20, welcher immer wieder herangezogen und missinterpretiert wird, um den Slogan der Hamas zuzuschreiben. 

Lesen Sie hier, warum eine Strafbarkeit nach § 86a StGB und welche Hauptargumente dagegen sprechen. 




Interpretation "From the river..."

Freiheit.
Befreiung.
Gleichberechtigung. 

Es kann einerseits dahingehend verstanden werden, dass lediglich der Wunsch der Palästinenser zum Ausdruck kommen soll nach „Freiheit“ und somit auf den "friedlichen Wunsch nach politischen Reformen", "Gleichberechtigung" oder aber auch für eine "2-Staaten Lösung". Er enthält somit per se keinen Aufruf zur Gewalt, da der Slogan offen lässt, wie dieser Wunsch nach Freiheit umgesetzt werden soll.

Auslöschung Israel. Antisemitisch. Existenzrecht Israel.

Andererseits wird auch die Ansicht vertreten, dass mit diesem Slogan zum Ausdruck gebracht werden soll, Israel zu „vernichten“ und somit der Wunsch nach einer Auslöschung des Staates Israel. Somit wird mit dem Slogan/ der Parole ein Antisemitische Grundhaltung/ Position verstanden, da damit das Existenzrecht Israels bestritten wird.

Einstufung als antisemitisch überzeugt nicht. 

Die Parole "From the river to the sea" als antisemitisch einzustufen ist paradox, da selbst jüdisch-israelische Organisationen, Verbände und sogar Unternehmen mit dieser Parole werben. Auch israelische Politiker verwenden diesen Satz, so etwa der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu.




Gerichte missachten Art. 5 GG!

From the river...
Gerichte beachten Art. 5 Abs. 1 GG nicht hinreichend. 
 

Wie erwähnt, lässt "From the river to the sea, Palestine will be free" mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu. Dies führt dazu, dass die Strafgerichte bei der Auslegung dieser Parole zur Beurteilung einer Strafbarkeit in besonderem Maße die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG zu beachten haben. Demzufolge sind die Strafgerichte daran gehalten im Falle einer Strafbarkeit die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs.1 GG hinreichend und umfassend zu beachten. Keinesfalls dürften die Strafgerichte aus der bloßen Verkündung dieses Slogans eine Strafbarkeit annehmen, ohne das dabei das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsfreiheit) umfassend gewürdigt wird.

BVerfG. Auslegungsmethode. Art 5 GG hat Vorrang.

Dies gilt umso mehr, als das in diesem Falle mehrere Interpretationsmöglichkeiten vorhanden sind. Ist dies der Fall, so sind die Gerichte bei der Beurteilung, ob eine solche Kundgabe/ ein solcher Slogan eine Strafbarkeit begründet, unter mehreren Möglichkeiten, diejenige Interpretation zugrunde zulegen, die für den Betroffenen die "günstigste" ist und somit im Zweifel zu Gunsten der Meinungsfreiheit zu urteilen. Diese "Auslegungsmethode" hat das BVerfG in seinen jüngsten Entscheidungen erneut bekräftigt, gestärkt und zugleich eine mögliche Auslegungshilfe den Fachgerichten zur "Verfügung" gestellt bzw. eine Hilfestellung, wie künftig ein strafbares Verhalten von einer zulässigen Kundgabe einer Meinung abgegrenzt werden können.

Gerichte missachten Rspr. des BVerfG. 
Unzureichende Begründung der Entscheidungen. 

Zusammengefasst: Bei Aussagen, die mehrere Interpretationsmöglichkeiten eröffnen, müssen die Strafgerichte dezidiert begründen (!), weshalb gerade diese Aussage strafbar ist! Im Fall "From the river to the sea" kommt noch die Besonderheit hinzu, dass die Verbotsverfügung aber auch ein Strafurteil zu Ungunsten des Betroffenen sehr wahrscheinlich gegen Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG verstößt, da mit einer Sanktionierung, Verurteilung, Bestrafung oder einer Verbotsverfügung eine Meinung bzw. unliebsame Meinung vom Staat missbilligt wird, hierfür aber kein Bedürfnis besteht und ersichtlich ist, wie beispielsweise bei der Verharmlosung, Glorifizierung, Verherrlichung des nationalsozialistischen Unrechts im 3. Reich, der Verbrechen der NS sowie die Leugnung oder Marginalisierung des Holocaust bzw. des Völkermords an den Juden!




Strafbarkeit nach § 140 StGB

Zeitliche Nähe zu den Anschlägen

Einige Gerichte unterstellen eine solche Billigung mit dem Argument der zeitlichen Nähe zu den Anschlägen am 07. Oktober 2023 oder aber, dass eine solche Parole bei Solidaritätsbekundungen wenigen Wochen nach dem 07. Oktober 2023 einer Solidarität mit den Palästinensern zuwiderläuft, sie nicht erforderlich sei und somit nur als Billigung von Straftaten - hier der Hamas - verstanden werden könne. Dies soll auch dann gelten, wenn auf Plakaten beispielsweise der Hinweis auf Art. 5 Abs. 1 GG erfolge, da ein solcher Hinweis obsolet sei und stattdessen suggeriere, dass der Slogan durchaus problematisch sei. Aus Sicht des Verfassers sind diese Argumente nicht überzeugend und lediglich eine verfassungsrechtlich höchstbedenkliche Unterstellung die rechtlich nicht haltbar sein dürfte - zumal der Vorsatz in solchen Fällen einfach unterstellt wird. Lediglich in den Fällen in dem ein zeitlicher Zusammenhang mit den Anschlägen besteht, so etwa am selbigen Tage, wenige Tage danach, kann durchaus eine Billigung von Straftaten nach § 140 StGB in Erwägung gezogen werden.

Erforderlich: enger zeitlicher Zusammenhang

Lediglich in den Fällen in dem ein zeitlicher Zusammenhang mit den Anschlägen besteht, so etwa am selbigen Tage, wenige Tage danach, kann durchaus eine Billigung von Straftaten nach § 140 StGB in Erwägung gezogen werden. Erforderlich für eine Strafbarkeit nach § 140 StGB ist aber, dass die Äußerung in einem kommentierenden, engen und zeitlichen Zusammenhang zu den in § 140 StGB genannten Taten steht. Davon kann hier keine Rede sein, wenn zwischen den Anschlägen und der Äußerung mind. 3 Wochen dazwischen liegen. Denn bei einem Zeitraum von mindestens 4 Wochen fehlt es an der zeitlich-gegenständlichen Nähe zwischen der Vortat und der Billigungshandlung. Das AG Düsseldorf hat jedoch in dem Fall meiner Mandantschaft einen solchen Zusammenhang mit einer kaum tragfähigen, jedenfalls nicht lebensnahen Betrachtung/ Sichtweise/ Auslegung, Begründung bejaht und meine Mandantschaft wegen Billigung von Straftaten gem. § 140 StGB verurteilt (Revision eingelegt). Allein die Parole/ der Slogan reicht für ein Billigen im Sinne des § 140 StGB nicht aus. Auch dürfte schon zweifelhaft sein, ob schon das Skandieren einer solchen Parole geeignet sei, den öffentlichen Frieden im Sinne des § 140 Abs. 1 Nr. 2 StGB zu stören. Jedenfalls dürfte es auch hier am Merkmal "Billigen" (§140 Nr. 2 StGB) fehlen.




Urteil AG Düsseldorf vom 07.06.2024

Entscheidung des Gerichts 

Mein Mandant hat im Rahmen einer Pro-Palästina Demo Anfang November 2023 in Düsseldorf ein Plakat hochgehalten auf dem Stand "From the river to the sea, Palestina will be free". Auf der Rückseite des Plakats hat mein Mandant eine Passage des Artikel 5 Abs. 1 S. 1 des Grundgesetzes zitiert: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern." Gegen meinen Mandanten wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Düsseldorf erließ das Amtsgericht einen Strafbefehl wegen des Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen, dem Billigen von Straftaten sowie Volksverhetzung. Gegen den Strafbefehl wurde Einspruch eingelegt und der Fall vor dem Amtsgericht Düsseldorf verhandelt. Das Amtsgericht Düsseldorf hat meinen Mandanten wegen des Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen (§ 86a StGB) und Billigen von Straftaten (§ 140 StGB) zu einer Geldstrafe verurteilt. Damit vertritt auch das Amtsgericht Düsseldorf wie schon zuvor das Amtsgericht Karlsruhe die Rechtsauffassung, dass das Zeigen eines solchen Slogans "From the river to the sea, Palestina will be free" strafbar ist - nach Rechtsauffassung des Verfassers völlig zu Unrecht und mit einer juristisch nicht tragfähigen Begründung. Das schriftliche Urteil liegt noch nicht vor. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf haben wir Revision eingelegt, so dass sich das Oberlandesgericht Düsseldorf mit der Frage nach der Strafbarkeit des Slogans/ der Parole "From the river to the sea, Palestina will be free" befassen wird. Ich vertrete nach wie vor die Rechtsauffassung, dass das Verhalten meines Mandanten keine Straftat erfüllt, der Slogan/ die Parole "From the river to the sea, Palestina will be free" weder ein Kennzeichen der Hamas sei noch das damit Straftaten der Hamas gebilligt werden sollen, soweit kein unmittelbarer Bezug zu den Taten der Hamas ersichtlich ist bzw. vorliegt.

Begründung nicht überzeugend

Damit vertritt auch das Amtsgericht Düsseldorf wie schon zuvor das Amtsgericht Karlsruhe die Rechtsauffassung, dass das Zeigen eines solchen Slogans "From the river to the sea, Palestina will be free" strafbar ist - nach Rechtsauffassung des Verfassers völlig zu Unrecht und mit einer juristisch nicht tragfähigen Begründung. 

Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf haben wir Revision eingelegt, so dass sich das Oberlandesgericht Düsseldorf mit der Frage nach der Strafbarkeit des Slogans/ der Parole "From the river to the sea, Palestina will be free" befassen wird. Ich vertrete nach wie vor die Rechtsauffassung, dass das Verhalten meines Mandanten keine Straftat erfüllt, der Slogan/ die Parole "From the river to the sea, Palestina will be free" weder ein Kennzeichen der Hamas sei noch das damit Straftaten der Hamas gebilligt werden sollen, soweit kein unmittelbarer Bezug zu den Taten der Hamas ersichtlich ist bzw. vorliegt. 

Läuft gegen Sie ein Ermittlungsverfahren?

Was sie tun können...

  1. Sagen Sie den Termin bei der Polizei ab! 
  2. Gehen Sie nicht zur Vernehmung! 
  3. Wenn Sie aufgefordert werden, sich schriftlich zu äußern, so tun Sie das bitte nicht! 
  4. Stattdessen sollten Sie sich anwaltlichen Rat einholen und sich beraten lassen. Daher: Kein Wort mit der Polizei.
Jetzt anrufen!

Vorladung von der Polizei erhalten?

Termin absagen!

Entgegen der verbreiteten Auffassung besteht keine rechtliche Verpflichtung für den Beschuldigten, einer Vorladung als Beschuldigter der Polizei Folge zu leisten. Dennoch versuchen die ermittelnden Beamten oft den Eindruck zu erwecken, dass es notwendig ist, als Beschuldigter zu dem Vorladungstermin bei der Polizei zu erscheinen. Das müssen Sie nicht! Es mag vielleicht höflich sein, die Vorladung als Beschuldigter rechtzeitig abzusagen. Dennoch besteht für den Beschuldigten im Strafverfahren keine rechtliche Verpflichtung dazu. Der Beschuldigte ist der Polizei auch keine Erklärung schuldig, warum er nicht zum Vorladungstermin erscheinen kann. An dieser Stelle kann nur der eindringliche Rat lauten, keine Kommunikation mit der Polizei zu führen. Bitte sagen Sie den Termin schriftlich, per E-Mail oder per Fax ab. Bitte rufen Sie nicht bei der Polizei an, um den Termin abzusagen. Hier besteht die Gefahr, dass Sie sich überreden lassen oder am Telefon etwas sagen, was Sie belastet.

Jetzt anrufen!

Schweigen! Kein Wort!

Schweigen! Kein Wort! Bitte schweigen Sie! Ein erfahrener Anwalt im Strafrecht wird Ihnen in dieser Situation in der Regel dazu raten, der Vorladung als Beschuldigter von der Polizei nicht nachzukommen und vorerst zu den erhobenen Vorwürfen zu schweigen. Es ist ratsam, den Termin bei der Polizei abzusagen oder durch einen Anwalt absagen zu lassen. Aber was viel wichtiger ist: Bitte schweigen Sie! Unterschreiben Sie bitte nichts! Stattdessen sollten Sie einen Rechtsanwalt kontaktieren und Ihn beauftragen.

Jetzt anrufen!

Keine Nachteile für Sie!

Keine Nachteile für Sie! Wenn Sie den Termin bei der Polizei absagen und somit schweigen, dann riskieren Sie keine Nachteile. Ich kann es nur immer wieder sagen: Als Beschuldigter müssen Sie nichts sagen! Sie müssen nicht die Polizei/ Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen unterstützen und ihnen helfen! Nicht Sie müssen ihre Unschuld beweisen, sondern der Staat (die Justiz/ Strafverfolgungsbehörden) muss Ihnen die Straftat nachweisen! Wenn Sie schweigen, nichts sagen, dann hat das im Strafrecht keine negativen Auswirkungen für Sie! Es ist kein Nachteil für Sie! Es ist sogar ihr Recht sich nicht selbst belasten zu müssen.

Jetzt anrufen!

Rechtsanwalt suchen!

Rechtsanwalt suchen! Rechtsanwalt suchen! In einem solchen Fall sollten Sie sich einen Rechtsanwalt/ Strafverteidiger suchen und sich rechtlich vertreten. Der Rechtsanwalt kann wird dann Akteneinsicht beantragen und das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen. Ich kann Ihnen nur empfehlen sich so früh wie möglich einen Rechtsanwalt zu suchen. Im Idealfall wenn Sie den Brief/ Vorladung der Polizei erhalten haben. Der Rechtsanwalt wird dann für Sie den Termin/ die Vorladung bei der Polizei absagen und sich um alles weitere kümmern! Wenn Sie von mir rechtlich vertreten bzw. verteidigt werden wollen, dann melden Sie sich umgehend bei mir, wenn Sie die Vorladung/ den Brief der Polizei erhalten haben. Ich sage den Termin für Sie ab, beantrage Akteneinsicht und führe ab sofort die gesamte Korrespondenz mit der Staatsanwaltschaft/ der Polizei für Sie, so dass Sie sich um nichts kümmern müssen!

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Rechtsanwalt

Strafbefehl erhalten?

Wenn Sie einen Strafbefehl erhalten haben, dann sollten Sie sich zügig rechtlichen Rat einholen. Denn mit Zustellung des Strafbefehls haben Sie genau 14 Tage Zeit Einspruch einzulegen. Der Einspruch muss innerhalb der 14 Tage bei Gericht eingegangen sein. Nur wenn Sie die Frist wahren, können Sie verhindern, dass der Strafbefehl rechtskräftig wird. 

Eine kurze Zusammenstellung zum Thema Strafbefehl finden Sie hier: Strafbefehl erhalten? Das sollten Sie wissen. 

In jedem Fall empfehle ich jedem Betroffenen sich vorher rechtlichen Rat einzuholen.

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