Alles für Deutschland strafbar? SA-Parole. Strafbarkeit § 86a StGB
Verwendung von Nazi-Symbolen.
Die Verwendung von Nazi-Symbolen, wie zum Beispiel dem Hakenkreuz, oder aber Parolen aus der NS-Zeit, wie zB. "Alles für Deutschland" sind nach dem StGB grundsätzlich strafbar. Es handelt sich dabei um eine Straftat nach § 86a StGB und fällt somit unter das Gesetz über die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen. Die Verwendung dieser Symbole kann mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren bestraft werden, es sei denn, sie erfolgt im Kontext von Kunst, Wissenschaft oder Aufklärung.
Der Fall Höcke. Landgericht Halle.
Bekanntes Beispiel ist Björn Höcke, welcher vom Landgericht Halle wegen der Parole "Alles für Deutschland" zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Nach Ansicht des Landgerichts Halle handelt es sich bei der Parole "Alles für Deutschland" um ein Kennzeichen im Sinne des § 86a StGB, da es sich um eine Losung handelt, die während der NS-Zeit von der SA verwendet wurde, und somit strafbar ist. Auch das OLG Hamm entschied, dass die Verwendung dieser Parole gem. § 86a StGB strafbar sei (OLG Hamm, 01.02.2006, 1 Ss 432/05). Das Urteil gegen Höcke ist nicht rechtskräftig. Jetzt wird sich der BGH damit befassen müssen und wahrscheinlich auch das BVerfG.
Welche Strafen drohen?
Es droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren. Je nach Fall, kann die Handlung aber auch straflos sein und von der Sozialadäquanzklausel nach § 86a Abs. 3 iVm. § 86 Abs. 3 StGB gedeckt sein.
Voraussetzungen des § 86a StGB
§ 86a StGB. Kennzeichen.
Voraussetzung ist, dass es sich bei der Parole um ein Kennzeichen einer verfassungswidrigen und terroristischen Organisation handelt. Was ein Kennzeichen ist, wird in § 86a Abs. 2 StGB näher definiert. Darunter fallen Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen, Grußformeln und solche, die diesen verbotenen Kennzeichen zum Verwechseln ähnlich sind.
Beispiele für Kennzeichen.
Beispiel für Fahnen ist die Hackenkreuzflagge. Beispiel für Abzeichen sind Mitgliedsabzeichen der NSDAP. Beispiel für Parolen sind "Heil Hitler". Beispiel für Grußformeln ist der "Hitlergruß".
Handlung § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB
Tathandlung des § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist das Verbreiten eines solchen Kennzeichens in der Öffentlichkeit oder das Verwenden eines solchen Kennzeichens, öffentlich in einer Versammlung oder in einem vom Täter verbreiteten Inhalt. Die Verbreitung und Verwendung muss in Deutschland erfolgen. Darunter fällt auch die Verbreitung solcher Kennzeichen in WhatsApp-Gruppen.
Vorsatz. Billigend in Kauf nehmen.
Schließlich muss der Täter auch vorsätzlich handeln. Dabei genügt es, wenn der Täter bei der Handlung nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB, dem Verwenden oder Verbreiten, mit bedingtem Vorsatz handelt. Der Vorsatz ist an dieser Stelle nicht unproblematisch. Zwar muss der Täter eine verfassungsgefährdende Absicht nicht haben, jedoch muss sich der Vorsatz des Täters auf das Verbot der Vereinigung beziehen. An dieser Stelle kommt es stets auf den Einzelfall an. Beispielhaft ist hier der Fall Björn Höcke.
Rechtsfolge.
Liegen die obigen Voraussetzungen vor, dh. handelt es sich bei dem Kennzeichen um ein verfassungswidriges Kennzeichen oder ein solches einer terroristischen Vereinigung und wird dieses vorsätzlich öffentlich verwendet oder verbreitet, so kommt als Strafe eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren in Betracht. Straflos handelt man hingegen, wenn die Verbreitung oder Verwendung im Sinne des § 86a Abs. 3 iVm. § 86 Abs. 4 StGB erfolgt oder aber der Täter einem Irrtum unterlag.
Zweck der Vorschrift.
Zweck der Vorschrift des § 86a StGB ist der Schutz der verfassungsmäßigen Ordnungen und der Schutz des politischen Friedens in der Bundesrepublik Deutschland, indem das "Wiederaufleben" verfassungswidriger Organisationen und Vereinigungen sowie deren feindseliger Gesinnung gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unterbunden und strafrechtlich sanktioniert wird. Derartige Kennzeichen sollen aus dem politischen Leben verbannt werden zum Schutze des demokratischen Rechtsstaates.
"Alles für Deutschland"
Wo liegt das Problem?
Vorsatz. Verwendung des Kennzeichens.
Problematisch ist der Vorsatz. Der Täter muss nicht nur vorsätzlich handeln und Vorsatz auf die Handlung des Verbreitens und der Verwendung haben, er muss auch wissen, dass sich um ein verbotenes Kennzeichen handelt einer verfassungswidrigen oder terroristischen Organisation bzw. Vereinigung. Genau dieser Punkt ist am Beispiel der Parole "Alles für Deutschland" äußerst problematisch.
Problem. Seltenes Kennzeichen.
Beispielhaft lässt sich das an der Parole "Alles für Deutschland" deutlich machen. Für den Vorsatz bei § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist es nicht erforderlich, dass der Täter sich zur verbotenen Organisation bekennt oder eine besondere verfassungsgefährdende Absicht hat. Erforderlich ist nur, dass der Täter hinsichtlich der Verbreitung oder Verwendung vorsätzlich handelt und er das Kennzeichen, zumindest laienhaft, grob, einer bestimmten verbotenen Organisation zuordnen kann. Was ist aber, wenn es sich um ein sehr seltenes Kennzeichen handelt? Oder das Kennzeichen mehrdeutig ist? Ist das bei der Parole "Alles für Deutschland" der Fall?
"Alles für Deutschland". Strafbar oder nicht?
Wenn es sich um seltene Kennzeichen handelt, was bei der Parole "Alles für Deutschland" der Fall sein dürfte (auch dem Verf. war die Parole als SA-Parole unbekannt geblieben), sind weitere Indizien und Umstände des Falles zu berücksichtigen. Es müssen nähere Feststellungen getroffen werden, so etwa zum zeitgeschichtlichem Wissen des Täter, seiner geschichtlich-politischen Allgemeinbildung und seinem sozialen Umfeld, aber auch ob Verbindungen bestehen oder bestanden zu politisch entsprechend ausgerichteten Kreisen sowie das äußere Erscheinungsbild und einschlägige Vorstrafen des Beschuldigten. Nicht entscheidend dürfte sein, ob das Kennzeichen und somit die Parole "Alles für Deutschland" einen Bekanntheitsgrad aufweist oder eben nicht. Von der Bekanntheit eines Kennzeichens kann eine Strafbarkeit nicht abhängen.
Es kommt auf den Einzelfall an.
Letztlich lässt sich die Frage pauschal nicht mit Ja oder Nein beantworten. Während beispielsweise Cathy Hummels für ihren Instagram Beitrag im Mai 2024 kurz vor der EM "Alles für Deutschland" keine strafrechtlichen Ermittlungen zu befürchten hatte, wurde Björn Höcke für den gleichen Spruch, jedoch im Kontext einer politischen Veranstaltung, zu einer Geldstrafe verurteilt. Dabei ist jedoch anzumerken, dass das Argument "Höcke sei Geschichtslehrer und hätte das wissen müssen", nicht wirklich überzeugt, da selbst renommierten Politikwissenschaftlern und Geschichtswissenschaftlern, der Ausruf als SA-Parole bzw. Motto nicht bekannt war. Auch dem Verfasser war dieser Ausruf als SA-Motto bis zum Höcke-Prozess völlig unbekannt geblieben.
Bekanntheit.
Ist das doch von Relevanz?
Grundsätzlich dürfte es nicht entscheidend sein, eine Strafbarkeit "Alles für Deutschland" am Bekanntheitsgrad der Parole zu messen. Aber in diesem Fall dürfte es doch erheblich und maßgeblich sein. Denn das Strafrecht gilt als das "schärfste Schwert" des Staates gegen seine Bürger und ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nur als "ultima ratio" gedacht (so BVerfG, Beschluss vom 05.08.2020). Strafrechtliche Sanktionen kommen nur in Betracht, wenn es dem Schutz eines wichtigen Schutzgutes/ Rechtsgutes gedacht ist. Konkret heißt das: Eine strafrechtliche Sanktion der Parole "Alles für Deutschland" dürfte somit verfassungsrechtlich bedenklich sein, da sie möglicherweise zu Weit geht.
Parole als SA-Motto nicht allen bekannt
Die Parole "Alles für Deutschland" wird im Allgemeinen nicht mit der NS-Zeit assoziiert. Dem Großteil der Bevölkerung dürfte bis zum Prozess von Höcke nicht bekannt sein, dass es sich dabei um das Motto der SA gehandelt hat. Selbst renommierte Wissenschaftlicher räumen ein, dass ihnen die Parole als SA-Motto nicht bekannt war, so etwa Prof. Dr. Falter (Politikwissenschaftler) welcher seit mehr als drei Jahrzehnten zur Massenbasis des Nationalsozialismus forscht oder Dr. Dr. Zitelmann (Historiker); Forschungsschwerpunkt Nationalsozialismus.
Ermittlungsverfahren. Was tun?
Termin absagen!
Termin bei der Polizei absagen! Entgegen der verbreiteten Auffassung besteht keine rechtliche Verpflichtung für den Beschuldigten, einer Vorladung als Beschuldigter der Polizei Folge zu leisten. Dennoch versuchen die ermittelnden Beamten oft den Eindruck zu erwecken, dass es notwendig ist, als Beschuldigter zu dem Vorladungstermin bei der Polizei zu erscheinen. Das müssen Sie nicht! Es mag vielleicht höflich sein, die Vorladung als Beschuldigter rechtzeitig abzusagen. Dennoch besteht für den Beschuldigten im Strafverfahren keine rechtliche Verpflichtung dazu. Der Beschuldigte ist der Polizei auch keine Erklärung schuldig, warum er nicht zum Vorladungstermin erscheinen kann. An dieser Stelle kann nur der eindringliche Rat lauten, keine Kommunikation mit der Polizei zu führen. Bitte sagen Sie den Termin schriftlich, per E-Mail oder per Fax ab. Bitte rufen Sie nicht bei der Polizei an, um den Termin abzusagen. Hier besteht die Gefahr, dass Sie sich überreden lassen oder am Telefon etwas sagen, was Sie belastet.
Jetzt kontaktierenSchweigen!
Schweigen! Kein Wort! Bitte schweigen Sie! Ein erfahrener Anwalt im Strafrecht wird Ihnen in dieser Situation in der Regel dazu raten, der Vorladung als Beschuldigter von der Polizei nicht nachzukommen und vorerst zu den erhobenen Vorwürfen zu schweigen. Es ist ratsam, den Termin bei der Polizei abzusagen oder durch einen Anwalt absagen zu lassen. Aber was viel wichtiger ist: Bitte schweigen Sie! Unterschreiben Sie bitte nichts! Stattdessen sollten Sie einen Rechtsanwalt kontaktieren und Ihn beauftragen.
Jetzt kontaktierenKeine Nachteile!
Keine Nachteile für Sie! Wenn Sie den Termin bei der Polizei absagen und somit schweigen, dann riskieren Sie keine Nachteile. Ich kann es nur immer wieder sagen: Als Beschuldigter müssen Sie nichts sagen! Sie müssen nicht die Polizei/ Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen unterstützen und ihnen helfen! Nicht Sie müssen ihre Unschuld beweisen, sondern der Staat (die Justiz/ Strafverfolgungsbehörden) muss Ihnen die Straftat nachweisen! Wenn Sie schweigen, nichts sagen, dann hat das im Strafrecht keine negativen Auswirkungen für Sie! Es ist kein Nachteil für Sie! Es ist sogar ihr Recht sich nicht selbst belasten zu müssen.
Jetzt kontaktierenRechtsanwalt suchen!
Rechtsanwalt suchen! In einem solchen Fall sollten Sie sich einen Rechtsanwalt/ Strafverteidiger suchen und sich rechtlich vertreten. Der Rechtsanwalt kann wird dann Akteneinsicht beantragen und das weitere Vorgehen mit Ihnen besprechen. Ich kann Ihnen nur empfehlen sich so früh wie möglich einen Rechtsanwalt zu suchen. Im Idealfall wenn Sie den Brief/ Vorladung der Polizei erhalten haben. Der Rechtsanwalt wird dann für Sie den Termin/ die Vorladung bei der Polizei absagen und sich um alles weitere kümmern! Wenn Sie von mir rechtlich vertreten bzw. verteidigt werden wollen, dann melden Sie sich umgehend bei mir, wenn Sie die Vorladung/ den Brief der Polizei erhalten haben. Ich sage den Termin für Sie ab, beantrage Akteneinsicht und führe ab sofort die gesamte Korrespondenz mit der Staatsanwaltschaft/ der Polizei für Sie, so dass Sie sich um nichts kümmern müssen!
Jetzt kontaktieren
STRAFRECHT
WIRTSCHAFTSSTRAFRECHT
STRAFVERTEIDIGUNG